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Hitzköpfe auf Eis


Die jüngsten Zwischenfälle im rumänischen Eishockey sind Symptome eines tiefer steckenden Problems. Zuerst wurde der einzige rumänische Eishockeyspieler der U16-Nationalmannschaft am 1. Dezember, dem Nationalfeiertag Rumäniens, wegen seiner Abstammung von drei ungarischstämmigen Mitspielern verprügelt und wüst beschimpft (mehr dazu hier). Dann kam es am 16. Dezember beim Challenge-Cup-Spiel der Senioren zwischen Ungarn und Rumänien zum Eklat: Als die Nationalhymnen erklangen, blieben die ungarischstämmigen Spieler im rumänischen Team während der eigenen Staatshymne stumm, sie sangen aber die Hymne des Gegnerteams mit. Das Publikum im Stadion der Stadt Miercurea Ciuc buhte die rumänische Hymne aus, ungarischstämmige Spieler im rumänischen Trikot sangen dann aber zusammen mit dem Gegner und dem Publikum die Hymne des mehrheitlich von Ungarn bewohnten Szeklerlandes in Siebenbürgen.

 
Wie kaum eine andere Disziplin bietet Eishockey - obwohl fast nur Nischensportart  - eine ausgezeichnete Bühne für die Entfaltung von Extremnationalismus. Während beispielsweise flächen- und volksgruppendeckend überall im Land Fußball gespielt wird, konzentriert sich das Eishockey im Wesentlichen auf zwei Pole: Bukarest und das Szeklerland. In den letzten 10-12 Jahren zählen praktisch nur zwei Teams in der ersten Liga: Steaua Bukarest und der SC Miercurea Ciuc, die immer wieder um den Titel kämpfen. Die Rivalität zwischen den Klubs wird begleitet von der Erzfeindschaft der Fangemeinden. Hockey ist dabei nur der Vorwand, die Nationalfrage bestimmt das Spiel. Die Atmosphäre bei den vielen Playoff-Spielen der beiden Teams ist explosiv - egal, ob sie in Bukarest oder in Miercurea Ciuc stattfinden, die Ordnungskräfte haben dabei stets einen voll ausgelasteten Tag. In Miercurea Ciuc wird die rumänische Staatshymne ausgebuht und die eigene Mannschaft mit dem mittelalterlichen Schlachtruf ungarischer Eroberer "Huj, huj, hajra" (Schneller, schneller) angefeuert, in Bukarest rufen die Fans ihr traditionelles "Afara, afara, afara cu ungurii din tara" (Raus, raus, raus mit den Ungarn aus dem Land). Die Landesflaggen Rumäniens und Ungarns - nicht die Klubfahnen - sind oft in der Mehrzahl. Jedes Foul wird als Angriff auf die jeweils andere Volksgruppe ausgelegt. Dabei ist den Fans egal, dass natürlich auch Rumänen knochenhart gegen Rumänen kontern oder dass Ungarn beim Tackling genauso aggressiv gegen Ungarn sind wie gegen Rumänen. 
 
Die ethnisch gefärbte Rivalität beschränkt sich nicht nur auf die Klubs. Eine ethnische Trennungslinie verläuft auch quer durch die Nationalmannschaften von Junioren und Senioren. Hier sind die Rumänen stark in der Minderheit, die Spieler mit rumänischem Namen kann man an einer Hand abzählen. Die Ungarn haben als Spieler das Sagen, auch der Präsident des rumänischen Eishockeyverbands ist ein ungarischstämmiger Siebenbürger. Das sehen Rumänen ungern. Vor diesem Hintergrund war die heftige Reaktion auf die Affaire Nationalhymne vorprogrammiert. Dass Rumänien mit denselben ungarischstämmigen Spielern, die nach Ansicht der Öffentlichkeit Fahnenverrat betrieben haben, den Gegner gnadenlos 4-1 besiegt hat, scheinen alle irrelevant zu finden.  
 
 
 
    

Der Kommentar

Rumänien als Energiehub in Südosteuropa

Sonntag, 01. Januar 2012 von Alex Gröblacher

Es wird langsam richtig heiss am Energiestandort Rumänien. In den nächsten Jahren sind hier Milliardeninvestitionen geplant, die auf zweistellige Anteile am BIP kommen - und dem Land zur vorteilhaften Position einer regionalen Energiedrehscheibe verhelfen. 

Rumänien sollte allerdings auch selbst mehr riskieren, rumänische Großkonzerne auch selbst aktiv werden - denn das scheint weniger der Fall zu sein. Fazit: Rumänien sitzt energiepolitisch auf einer Goldgrube. Und um an dieses Gold zu kommen, müssen nicht einmal - wie bei Rosia Montana - ganze Berge weggesprengt werden. Ein wenig umdenken dürfte ausreichen. 
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Blog

Sonderbare Akquise: Rumänischer Geheimdienst SRI kauft Kondome ein

Sonntag, 08. Januar 2012 von a.g.

Den Journalisten der Bukarester Gratis-Zeitung Ring wird die Beschaffungspolitik einer Einheit des rumänischen Nachrichtendienstes SRI zumindest skurril vorgekommen sein: was wird ein Geheimdienst mit mehreren Dutzend Kondomen anfangen können? Zu vermuten bei solchen Akquisen ist in Rumänien oft die Bevorzugung eines Bekannten oder Verwandten mit eigener Firma durch irgendwelche Verantwortlichen einer Behörde, daher auch wahrscheinlich der Argwohn der Presse. Nicht aber diesmal. 

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